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Pfarrkirche Vilsbiburg sollte um 1910 gigantisch umgebaut werden

Die Ausstattung unserer Vilsbiburger Pfarrkirche ist ernüchternd. Die Zäsur unter Pfarrer Franz Xaver Hirl erbrachte 1954/55 die Entfernung aller sieben Altäre. Farbige Chorfenster mit den 15 Rosenkranzgeheimnissen mussten dann dem Kirchenraum etwas „Durchscheinendes“ verleihen; ein moderner Plattenaltar von Guido Martini zierte 1956 den Chor. Die Zäsur war nicht im Sinne von Pfarrer Hirl und dem Vilsbiburger Kirchenrat. 1954 schrieb Hirl dem Bischof: „Die derzeitige sakrale Kunstauffassung befinde sich in einer Krise, die vom Landesdenkmalamt herbeigeführt worden sei und gefordert wurde!“ Aber nicht lange, hielt das künstlerische Altar-Plattenwerk, dann wurde es 1979 gegen den heute noch vorhandenen neugotischen 14 Nothelferaltar ausgetauscht, gefertigt 1875 vom Vilsbiburger Schreiner Anton Prändl.

Vor ca. 100 Jahren war dies alles kein Thema. Nach der Jahrhundertwende wollte man das Vilsbiburger Gotteshaus mit einem gewaltigen Erweiterungsbau zum „Dom des Vilstales“ machen. Sie hatten großes vor, unser Vilsbiburger Kirchenrat und Pfarrer Michael Mayer. Vermutlich angesteckt von der Baufreudigkeit zu Ende des 19. Jahrhunderts glaubten sie aus der Pfarrkirche Vilsbiburg, einen „Dom des oberen Vilstales“ entstehen zu lassen. Die Zeit des Historismus, der Zurückerinnerung an die alten, der jeweiligen Kirche angepassten Stilrichtung in den Neubauten, Erweiterung und der Ausstattung, z.B. im Stil der Neugotik, machte auch vor der Vilsbiburger Pfarrkirche nicht Halt. Die stilgerechte neugotische Ausstattung wurde in den Jahren 1850 bis 1869 durch den Münchner Bildhauer Johann Nepomuk Petz kunstgerecht umgesetzt: der 14 Meter hohe Hochaltar, der Kreuz- und die zwei Seitenaltäre und acht Altäre in den Seitenkapellen, sowie das Orgelgehäuse und der Kreuzweg wurden erneuert. Es war eine gewaltige Restauration bzw. Regotisierung unter Pfarrer Dr. Joseph Neumayer; 1955 war von der herrlichen Ausstattung nichts mehr zu sehen.

Ein neuer mächtiger Kirchenanbau

Die finanzielle Lage der Pfarrei war gut. Wurde im Jahr 1825 in Erwägung gezogen, wegen der hohen angefallenen Instandsetzungskosten, in einigen Jahren die Pfarrkirche abzureißen, so entstanden zu Anfang des 20. Jahrhunderts große Aktivitäten der Bürgerschaft für einen gewaltigen Um- und Neubau der Pfarrkirche gegen Osten hin.

Der Kirchenbau sollte im Bereich des Chorbogens in einem Teilabriss und vollkommen neuer Konzeption niedergelegt und dann mit drei weiteren Fensterjochen und einem Querschiff in Kreuzform und seitlichen Emporen angebaut werden. Hierzu wurde 1907 ein Wettbewerb ausgeschrieben, wozu der Vilsbiburger Baumeister Anton Wagner im März einige eher nüchterne Pläne für die Erweiterung abgab. Ganz anders waren dann die Pläne des Münchner Architekten Joseph Elsner junior. Mit 14 Plänen vom Dezember 1907 - viele farbig auf Karton aufgezogen – hätte Elsner unter dem Motto „vielleicht so!“, mit dem Kircheneu-/anbau alles vorher da gewesene in den Schatten gestellt.

Der Kirchenbauverein

Für die Realisierung des Bauvorhabens wurde am 25. Januar 1906 ein Vilsbiburger Kirchenbauverein mit dem Eintrag in ein Vereinsregister gegründet, und die Statuten dafür in einer Broschüre festgelegt. Zweckgebunden soll das gesammelte Vermögen für die Erweiterung und Restaurierung der Pfarrkirche verwendet werden. 1. Vorstand war Pfarrer Michael Mayer, als stellvertretender Vorstand stand ihm der Brauereibesitzer und Vilsbiburger Bürgermeister Michael Winkler zur Seite. „Die Pfarrkirche ist zu klein“, so wurde in einer Sitzung der Kirchenverwaltung unter Kirchenpfleger Föckersperger am 31. Januar 1907 konstatiert. Und es wird schon der Ankauf von neun neuen Kirchen-Betstühlen, für die zu erweiternde neue Pfarrkirche beschlossen.

Der Architekt Joseph Elsner

Für den Umbau hatte man sich einen Architekten aus der erprobten Kirchenbauerfamilie Elsner aus München an Land gezogen. Schon der Vater, Architekt Joseph Elsner sen. (1845-1933) hatte sich mit dem Kircheneubau in Taufkirchen/Vils 1889, und der neugotischen Kirche von Übersee 1902/04, vor einigen Jahren originalgetreu restauriert und in die Denkmalliste des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege aufgenommen, einen Namen gemacht. In Johannesbrunn machte er 1906 die erste große Restaurierung der Kirche nach dem Neubau 1864/67, bezogen auf Ausmalung, Altäre und Kanzel sowie Orgelgehäuse. Es folgte der Kirchenneubau in Reit im Winkl 1911 und die im neubarocken Stil 1912 erbaute Kirche in Schönberg bei Neumarkt St. Veit. Er war seit der Gründung des Unternehmens 1876 einer der meist beschäftigten Architekten, mit vielen Kirchenausstattungen, Neu- und Umbauten in Ober- und Niederbayern.

Der Sohn Joseph jun. (1879-1970) schlüpfte als Architekt- und Dekorationsmaler in die Schuhe, des vom Vater 1876 gegründeten Unternehmens „Anstalt für Christliche Kunst“. In Seifriedswörth machte er 1902 eine Innenrestaurierung mit drei neuen Altären, Kanzel, Kommuniongitter und Kreuzweg. Er machte 1903 die Erweiterung der Kirche von Seyboldsdorf, 1906 in Johannesbrunn die erste Innenrestaurierung nach dem Kirchenneubau vom Jahr 1864/67: Altäre, Kanzel und Orgel wurden nach Joseph Elsners Plänen renoviert und die Wände mit farbenprächtigen floralen Ornamenten im Stil der Neugotik ausgemalt. In Pauluszell restaurierte Elsner 1909 das Innere der Kirche, dabei wurden zwei Emporen eingezogen.

Auch machte er 1908 den Choranbau in Treidlkofen. Sein bedeutendstes Werk in unserer Heimat dürfte wohl der Neubau der Jugendstilkirche in Dietelskirchen 1913/15 gewesen sein. Elsner richtete sich in Vilsbiburg ein Büro ein. Seinen Hauptwohnort mit Büro und Werkstatt hatte er in München Schillerstrasse 18. Er war Architekt für kirchliche Kunst. Er plante und machte Kirchenneubauten und Erweiterungen, Inneneinrichtungen und Restaurationen in allen Stilrichtungen.

Es war unseren Vilsbiburger Kirchenvätern ernst mit der Erweiterung der Pfarrkirche. Am 22. April 1908 wurde beschlossen, für die bevorstehende Erweiterung einen 4 %gen Pfandbrief zu 100 Mark und dem im Vorjahr in gleicher Weise befindlichen Fond aufzustocken und für die Stühle der Kirchenerweiterung zu verwenden. Im November 1908 wurde von der Firma Nikolaus Zollner ein Angebot über die Elektrifizierung der Kirche mit einer Beleuchtungsanlage eingeholt.

Wie den Plänen und Schreiben zu entnehmen ist, sollte das Kirchenschiff 404 Plätze, auf den beiden seitlichen Emporen im Kreuz-Querbau 2x74 Plätze, auf den beiden Oratorien über der Sakristei und der Gerätekammer 54 Plätze, zusammen 606 feste Sitzplätze erhalten. Für die Kinder waren 148 Sitzplätze und dann noch 42 transportable Stühle vorgesehen. Pfarrer Mayer hatte angeregt, das Kreuzschiff um 1,10 Meter breiter als die Kirche selbst zu bauen, um mehr Platz für die Emporen mit den Aufgängen zu bekommen. Ursprünglich hat die Kirche auf jeder Kirchenschiffseite vier Säulen. Diese wollte man auf je sieben Säulen erweitern. Die beiden Seitealtäre sollten in Altarkapellen hineingebaut werden. Dann wollte man das Presbyterium und den Chor wieder im Original anbauen. Seitlich des Presbyteriums sollten im oberen Bereich Oratorien entstehen. Pfarrer Mayer hatte noch mehr vor. Er wollte vom Architekten Elsner einen Tekturplan mit einer großen Lourdesgrotte hinter dem Chor im östlichen Außenbereich, mit zwei seitlichen Treppenaufgängen haben. Elsner macht dem Pfarrer einen imposanten Grotten-Planentwurf mit Einbeziehung des ganzen Kirchenerweiterungsbaues.

Irgendwie lief dann die ganze Sache doch nicht an. Die Pfarrei hatte andere dringende Arbeiten in Aussicht gestellt: Im August 1910 musste mit einer Kostendeckung durch ein Hypothekendarlehen die Kupferbedachung der Turmkuppel erneuert werden, 1911 wird der Friedhof erweitert und Gruftarkaden erbaut. Dann kam der Erste Weltkrieg: 1916 sollte für Kriegszwecke die Kupferbedachung der Kuppel der Pfarr-, Maria Hilf- und Oberenglberger Kirche freiwillig abgeliefert werden, 1917 wurden verschiedene Orgelpfeifen abgegeben; dann waren drei Glocken zur Ablieferung fällig. Nach dem Krieg wird in der Sitzung des Kirchenbauvereins am 13. April 1921 auf die finanzielle Notlage hingewiesen und warum der große Kirchenumbau vom Jahr 1908 nicht verwirklicht werden konnte: Das Vermögen des Kirchenbauvereins beträgt 79.300 Mark. Dies entspricht der Hälfte der Summe, welche „nach dem Friedensvoranschlag“ bei den von Herrn Architekten Elsner senior ausgearbeiteten Plänen benötigt worden wäre: „Das Ziel war der Kirchenerweiterungsbau, wichtiger wäre der Ausbau des neuen Friedhofes, der neuen Glocken und das Kriegerdenkmal. Auch ein katholisches Vereinshaus wäre sehr notwendig!“

Vielbeschäftigt

Der Münchner Architekt Joseph Elsner jun. war aber weiterhin den Vilsbiburgern sehr dienlich und verbunden: 1920/21 fertigte er die Weihnachtskrippe auf Maria Hilf und 1923 wurde er zum Gründer des Vilsbiburger „Vereins der bayerischen Krippenfreunde“, wo er die zweite Obmannstelle übernahm. 1921/22 war Elsner am Vilsbiburger Bahnhof mit dem Neubau eines zweistöckigen Fabrikbaues mit einer Flachsbrecherei der Firma Zollner/Siegelin beschäftigt. Elsner jun. war 1914 in Palästina und Jerusalem und übernahm seine Eindrücke aus dem Heiligen Land auf die Kulissen des Vilsbiburger Liebfrauenfestspieles. 1922/32 fertigte er dazu die Bühne und 20 Bühnenbilder im Urbansaal. 1923 war Elsner in Bonbruck mit der Ausmalung der Kirche beschäftigt. 1925 macht er eine Innen- und Außenrestaurierung der Vilsbiburger Pfarrkirche; 1926 ist der Umbau der Kirche von Lichtenhaag. Im gesegneten Alter von 91 Jahren starb am 24. Juni 1970 der Architekt Josef Elsner jun. in Ottobrunn. Er wurde in der Familiengrabstätte im Friedhof von Unterhaching begraben.

Die Vilsbiburger Pfarrkirche blieb im Bau so, wie sie zu Anfang des 15. Jahrhunderts im gotischen Stil entstanden ist. Mit dem „Dom im oberen Vilstal“ wurde es nichts. Die Pläne und Ansichten sind heute noch im Pfarrarchiv Vilsbiburg vorhanden.

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